Spektakuläre NLC-Show am 5./6. Juli 2016

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In der Nacht vom 5. auf den 6. Juli war es vie­ler­orts in Deutsch­land bewölkt. Trotz­dem konn­ten eini­ge Beob­ach­ter eine spek­ta­ku­lä­re Show Nacht­leuch­ten­der Wol­ken kurz nach Son­nen­un­ter­gang bis zum Mor­gen­grau­en über dem Nord­him­mel erle­ben. Und die Anzei­chen für für die­se Art von Erschei­nung waren über­aus güns­tig. Denn auf dem OSWIN Radar des Leib­niz-Insti­tuts für Atmo­sphä­ren­for­schung (IAP) in Küh­lungs­born, zeig­te sich über den Tag ver­teilt star­ke Echos in der obe­ren Atmo­sphä­re um 82 bis 85 km Höhe. Die­se Echos waren sogar noch kurz vor Son­nen­un­ter­gang auf dem Radar­bild erkenn­bar. Ein der­ar­ti­ges spä­tes Echo zeigt in der Regel (mit einer Chan­ce von 75%) aus­ge­dehn­te Leuch­ten­de Nacht­wol­ken (NLC) nach Son­nen­un­ter­gang an.

Leuchtende Nachtwolken mit ein paar Wolkenfeldern - 5. Juli 2016, 22:39 Uhr MESZ

Leuch­ten­de Nacht­wol­ken mit ein paar Wol­ken­fel­dern – 5. Juli 2016, 22:39 Uhr MESZ

Mein Blick aus dem Bade­zim­mer­fens­ter, kurz nach 22 Uhr, bestä­tig­ten mei­ne Ver­mu­tung und brach­ten mich regel­recht in Hek­tik. Noch in der hel­len Däm­me­rung sah ich ver­däch­ti­ge Rip­pen­wol­ken in ca. 10° Hori­zont­hö­he. Ich war mir schnell ziem­lich sicher, hier kein tro­po­sphä­ri­schen Zir­rus auf dem Leim gegan­gen zu sein. Schnell wur­de das Satel­li­ten­bild im Inter­net stu­diert, das eine sich nähern­de Kalt­front aus Rich­tung Wes­ten anzeig­te. Wür­de ich es noch schaf­fen, nach Trep­pen­dorf zu kom­men, die Kame­ra auf­zu­bau­en und eini­ge Fotos zu schie­ßen, bevor die Wol­ken­front mich erreich­te? Ein Ver­such war es jeden­falls wert, denn die schwä­che­ren Dis­plays in den zurück­lie­gen­den Tagen hat­te ich ja lei­der verpasst.

Ausgedehnte NLC über dem nordwestlichen Horizont mit Rippenmustern bis 40° Höhe - 5. Juli 2016, 22:47 Uhr MESZ

Aus­ge­dehn­te NLC über dem nord­west­li­chen Hori­zont mit Rip­pen­mus­tern bis 40° Höhe – 5. Juli 2016, 22:47 Uhr MESZ

Kurz vor 22:30 Uhr stand ich auf dem Feld mit Blick­rich­tung Nord­west und klemm­te in Win­des­ei­le die Canon EOS EOS 6D mit dem Kit­ob­jek­tiv aufs Sta­tiv. Ein ers­tes Foto, das NLC hin­ter Wol­ken zeig­te, gelang mir um 22:39 Uhr. In Rich­tung Wes­ten näher­te sich schon die Wol­ken­bank mit der Kalt­front, so dass ich mich ent­schied, die Kame­ra auf hal­be Auto­ma­tik zu stel­len, um wenigs­tens ein paar Bil­der des spek­ta­ku­lä­ren Dis­plays im Kas­ten zu haben. Des­halb ach­te­te ich auch nicht unbe­dingt dar­auf, dass das Sta­tiv waa­ge­recht stand, was sich bei der Erstel­lung eines Pan­ora­ma­bil­des räch­te . Denn die Wol­ken der sich nähern­den Kalt­front zogen recht schnell über den Himmel.

Detailansicht der NLC bei 135 mm Brennweite kurz nach 22:55 Uhr am 5. Juli 2016

Detail­an­sicht der NLC bei 135 mm Brenn­wei­te kurz nach 22:55 Uhr am 5. Juli 2016

In die­ser kur­zen Beob­ach­tungs­zeit, von viel­leicht 20 Minu­ten, konn­te man schon sehr deut­lich Ver­än­de­run­gen in der Struk­tur die­ser Wol­ken erken­nen. Beson­ders augen­schein­lich war das drei­tei­li­ge Rip­pen­mus­ter, das bis in eine Höhe von 40° über dem Hori­zont reich­te. Die Wol­ken waren im äußers­ten NNW deut­lich hel­ler und aus­ge­dehn­ter als im NO. Hier erreich­te das Dis­play gera­de ein­mal eine Höhe von 5°über dem Hori­zont. Die Hel­lig­keit der NLC schätz­te ich auf 3–4 und ihre hori­zon­ta­le Aus­deh­nung auf gut 120°. Plötz­lich bil­de­te sich auch ein auf­fäl­li­ger hori­zon­ta­ler Strei­fen in der Wol­ken­for­ma­ti­on, der sogar noch an Hel­lig­keit gewann. Da waren die tro­po­sphä­ri­schen Wol­ken aber schon fast her­an­ge­zo­gen. In Rich­tung Süden war der Him­mel nun voll­stän­dig bedeckt und Mars und Saturn nicht mehr sicht­bar. Die letz­ten Bil­der des beein­dru­cken­den Abend­dis­plays gelan­gen mir exakt um 23:00 Uhr.

Leuchtende Nachtwolken bei fortgeschrittener Dämmerung mit troposphärischen Wolken - 5. Juli 2016, 22:57 Uhr MESZ

Leuch­ten­de Nacht­wol­ken bei fort­ge­schrit­te­ner Däm­me­rung mit tro­po­sphä­ri­schen Wol­ken im Nor­den – 5. Juli 2016, 22:57 Uhr MESZ

Zu Hau­se ange­kom­men, setz­te ich mich an den Rech­ner um die Bil­der zu bear­bei­ten und stell­te auch schon die ers­ten Bil­der bei den übli­chen Ver­däch­ti­gen ins Netz. Und auch im NLC-Forum tauch­ten schon die ers­ten Bild­be­rich­te auf, so z.B. auch aus Dres­den und Ful­da. Da ahn­te noch nie­mand, dass das Mor­gen­dis­plays deut­lich spek­ta­ku­lä­rer als das Abend­dis­play aus­fal­len soll­te. Zwi­schen­durch riss die Wol­ken­de­cke auch mal auf, so dass ich aus mei­nem Bade­zim­mer­fens­ter aus einen hel­len Licht­strei­fen direkt über dem Nord­ho­ri­zont erken­nen konnte.

Von tiefhängenden Wolken verdeckte NLC kurz vor Ankunft der Kaltfront - 5. Juli 2016, 23:00 Uhr MESZ

Von tief­hän­gen­den Wol­ken ver­deck­te NLC kurz vor Ankunft der Kalt­front – 5. Juli 2016, 23:00 Uhr MESZ

Kurz vor zu Bett gehen, gegen 4 Uhr in der Früh, schau­te ich noch ein­mal aus dem Fens­ter raus und konn­te in einer Wol­ken­lü­cke, die knapp 20° Hori­zont­hö­he erreich­te, nach wie vor NLC erken­nen. Lei­der war das dann die ein­zi­ge Sich­tung von mir am Mor­gen­him­mel des 6. Juli. Spä­ter las ich dann eini­ge Bild­be­rich­te aus dem Wes­ten der Repu­blik von sehr hel­len Leuch­ten­den Nacht­wol­ken, die den gesam­ten Nord­him­mel bedeck­ten und bis in die Zenit­re­gi­on reich­ten. Es muss das spek­ta­ku­lärs­te Mor­gen­dis­play der zurück­lie­gen­den Jah­re gewe­sen sein. Im Osten der Repu­blik war zu die­sem Zeit­punkt, als die NLC ihren zwei­ten Höhe­punkt erreich­ten, der Him­mel nahe­zu voll­stän­dig mit Wol­ken zuge­zo­gen. Erstaun­lich war, dass die Wol­ken noch sicht­bar waren, als die Son­ne nur noch 4° unter dem Hori­zont stand! Nor­ma­ler­wei­se tau­chen die­se Wol­ken bei einer Son­nen­de­pres­si­on zwi­schen ‑16 und ‑6 Grad auf. Lei­der gelan­gen nur an eini­gen weni­gen Orten im Wes­ten Deutsch­land Auf­nah­men die­ser impo­san­ten atmo­sphä­ri­schen Erschei­nung, weil das Wet­ter den Beob­ach­tern wie­der ein­mal einen Strich durch die Rech­nung mach­te. Ein ähn­li­che, aber nur visu­el­le, Sich­tung eines Mor­gen­dis­plays, gelang mir übri­gens Anfang Juli 2014 in der Nähe von Ber­lin, als die NLC kurz vor Son­nen­auf­gang eben­falls den Zenit erreich­ten. An die­sem Mor­gen hat­te ich aber lei­der kei­ne Kame­ra dabei. 😀

Panorama der Leuchtenden Nachtwolken aus 5 Hockantbildern (50 mm) gegen 22:50 Uhr MESZ

Pan­ora­ma der Leuch­ten­den Nacht­wol­ken aus 5 Hock­ant­bil­dern (50 mm) gegen 22:50 Uhr MESZ

Übri­gens befin­den wir uns momen­tan am Gip­fel der NLC-Sai­son. Denn noch im gesam­ten Monat Juli sind wei­te­re spek­ta­ku­lä­re NLC-Dis­plays mög­lich, die sehr leicht auch foto­gra­fisch doku­men­tiert wer­den können.

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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